Orte Paul Celans

Celans Gedichte sind gemeinhin nicht die, die man auswendig lernt - sie sperren sich geradezu dagegen, und Reime sind bei Celan - vor allem im Spätwerk - äußerst selten und dann oft Signal für besondere Gefahr. In dem Gedicht „Nähe der Gräber“, einem Gedicht an die ermordete Mutter, heißt es: „Und duldest Du, Mutter wie ach daheim / den leisen, den deutschen, den schmerzlichen Reim.“

In diesem Gedicht bittet Celan seine tote Mutter, den deutschen Reim zu erlauben. Denn obwohl Celan ja viele Sprachen beherrschte und in seinem Arbeitsalltag und mit seiner Frau und mit seinem Sohn ausschließlich Französisch sprach, schrieb er Gedichte ein Leben lang nur in der Sprache der Mörder. In seinen weiteren Gedichten wird er dann nur noch sehr selten reimen und wenn, dann weist der Reim sehr häufig auf eine Bedrohung hin wie in „Todesfuge“.

„... der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau...“

Da seine Welt vernichtet war, hielt er die Muttersprache fest, seine Sprache, die seiner Eltern und die der Mörder. Die Sprache hatte Schaden genommen, und vielleicht konnten seine Verse diesen Schaden heilen. Insofern ist auch Theodor W. Adornos berühmtes Wort „Es ist barbarisch nach Auschwitz Gedichte zu schreiben“ durch Celan widerlegt worden. Allein, dass nach Auschwitz und dem 2. Weltkrieg anders geschrieben werden müsse als vorher, war für Celan selbstverständlich. Adorno hat in seinen „Meditationen zur Metaphysik - nach Auschwitz“ sein Wort zurückgenommen („...mag falsch gewesen sein...“) und ergänzte: „Das perennierende Leiden hat soviel Recht auf Ausdruck wie der Gemarterte zu brüllen“.

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