Orte Paul Celans

Inzwischen hatte er sich intensiv mit Celans Werk beschäftigt und dessen Größe und das moralische Recht auf Kunst, Musik und Poesie nach der Shoah anerkannt, hielt Celan dann wohl für den bedeutendsten Vertreter hermetischer Dichtung im Nachkriegsdeutschland und schrieb: „Diese Lyrik ist durchdrungen von der Scham der Kunst angesichts des wie der Erfahrung so der Sublimierung sich entziehenden Leids. Celans Gedichte wollen das äußerste Entsetzen durch Verschwiegen sagen. Ihr Wahrheitsgehalt selbst wird ein Negatives.“

Dennoch, das Festhalten an der Sprache der Mörder blieb für Celan ein Zwiespalt, ein Konflikt, der ihn am Ende das Leben kostete.

Nach der räumlichen Trennung von seiner Frau Gisèle 1967, lebte Celan zunächst in der Rue Tournefort und dann die letzten sechs Monate seines Lebens vom November 1969 bis zum 19. April in der Avenue Emile Zola im 15. Arrondissement in Paris, nahe der Seine. Während dieser Zeit hält er den Unterricht an der École nach wie vor auch unter oft schwierigen Bedingungen (immer wieder überfielen ihn schwere Depressionen) aufrecht.

Ende Dezember 1969 besucht ihn noch einmal für fast sechs Wochen seine frühere in Israel lebende Jugendfreundin Ilana Shmueli, die ihn zuvor im Oktober bei einer fast dreiwöchigen Israel-Reise begleitet hatte. Ilana Shmueli hat die Erlebnisse ihres Aufenthaltes im kalten Paris des Dezembers 1969 und die Spaziergänge im Oktober zuvor in Israel in diskreter und äußerst empfindsamer Weise in Ihrem Buch „Sag, dass Jerusalem ist“ festgehalten. Der Titel ihres Buches ist Celans Gedicht „Die Pole“ (aufgenommen im posthum erschienenen Band „Zeitgehöft“) entnommen, einem der schönsten und zugleich erschütterndsten Liebesgedichte, das Celan geschrieben hat, und in dem er auch zum Ende seines Lebens noch einmal die jüdischen Wurzeln und seine geistige Verbundenheit auch mit dem Staat Israel offenbart. Doch zu dieser Zeit scheinen auch seine letzten Kräfte geschwunden zu sein, und zwei Wochen vor seinem Tod schreibt er an Ilana Shmueli das verzweifelte Resümee:

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