Orte Paul Celans

Wie so viele Juden, die der deutschen Kultur besonders verbunden waren, die die deutsche Literatur und Musik über alles schätzten, konnten auch die Eltern Celans nicht an die beginnende Barbarei glauben. Die Bukowina, das ‚Buchenland', und besonders Czernowitz war eine Gegend, in der „Menschen und Bücher lebten“, so sagte Celan in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Bremer Literaturpreises (1958). So lagen in Czernowitz im ersten Cafe am Platz, dem „Schwarzen Adler“, etwa 100 (meist deutschsprachige) Zeitungen aus. Und Celans Eltern vertrauten wohl wie viele darauf, dass die Deutschen nicht zu den ihnen zugeschriebenen Gräueltaten fähig seien. Fatalerweise glaubten sogar viele Juden an die Chance auf ein autonomes jüdisches Leben.

Paul Celan überlebte die Zeit im Lager Täbäresti, das im Februar 1944 wegen des Näherrückens der Front aufgelöst wurde, und ging 1945 nach Bukarest. Nach einer weiteren Zwischenstation in Wien (hier lernte er Milo Dor, Klaus Demus, Reinhard Federmann und Ingeborg Bachmann kennen) emigrierte er 1948 nach Paris. Ingeborg Bachmann lernte Celan im Mai 1948 im Haus des Malers Edgar Jené kennen. Es begann eine kurze Liebesbeziehung, die später mehrfach, immer für jeweils kurze Zeit, auch in Paris, wieder aufgenommen wurde. Neun Jahre nach ihrer ersten Begegnung in Wien schreibt Celan mit dem Verweis auf sein Gedicht „In Ägypten“: „Sooft ichs lese, seh ich Dich in dieses Gedicht treten: Du bist der Lebensgrund, auch deshalb, weil Du die Rechtfertigung meines Sprechens bist und bleibst.“ Und Bachmann wird den in ihrer Lyrik aufgenommen Dialog mit Motiven und Zitaten aus Celan-Gedichten und ihren biographischen Erinnerungen noch in ihrer späten Prosa fortführen. „Mein Leben ist zu Ende, denn er ist auf dem Transport im Fluß ertrunken“, sagt etwa das Traum-Ich vom Fremden mit dem schwarzen Mantel in ihrem Roman „Malina“. „Er war mein Leben. Ich habe ihn mehr geliebt als mein Leben.“ Dennoch war ein gemeinsames Leben für beide wohl unmöglich.

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