Orte Paul Celans

1961 litt Celan erstmals unter schweren Depressionen und psychischen Krisen im Zusammenhang mit unhaltbaren Plagiatsanschuldigungen - der sogenannten „Claire-Goll-Affaire“. Die Witwe Yvan Golls erregte Aufsehen mit der Behauptung, Celan habe aus dem Werk ihres Mannes abgeschrieben. Viele deutsche Schriftsteller und Philosophen wie Walter Jens oder Peter Szondi bewiesen in genauen Analysen die Unrichtigkeit dieser Anschuldigung. Auch Ingeborg Bachmann und Marie-Luise Kaschnitz unterschrieben eine Entgegnung von Klaus Demus und Paul Celan in der „Neuen Rundschau“. Celan aber litt bis zu seinem Tod unter der Affaire, die er als „Infamie“ bezeichnete. (Siehe auch „Mikrolithen sinds, Steinchen“ - Die Prosa aus dem Nachlaß. Kritische Ausgabe. Herausgegeben und kommentiert von Barbara Wiedemann und Bertrand Badiou, Suhrkamp 2005)

Von 1963 an folgen regelmäßige Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken in Paris wegen starker depressiver Phasen, die häufig wohl auch von den immer wieder aufflammenden - aus heutiger Sicht völlig unsinnig erscheinenden - Plagiatsanschuldigungen hervorgerufen wurden. Barbara Wiedemann widmet der lückenlosen Aufklärung dieser Geschichte ein fast tausendseitiges Buch, eine geradezu kriminalphilologische Aufklärungsarbeit - „Die Goll-Affäre“, Suhrkamp, 2000. Zwischen 1963 und 1970 verbringt Celan bei sieben verschiedenen Aufenthalten fast eineinhalb Jahre in verschiedenen Pariser Kliniken. Celan nimmt regelmäßig Antidepressiva und schreibt während dieser Klinikaufenthalte Gedichte, die er selbst zum Kühnsten zählt, was er überhaupt geschrieben hat, und die später in den Bänden „Fadensonnen“, „Lichtzwang“ und „Eingedunkelt“ veröffentlicht werden.

Celan unternahm mehrere Selbstmordversuche. So wollte er sich am 30.1.1967 mit einem Stich ins Herz töten und verletzte den linken Lungenflügel, was später Niederschlag fand in den Gedichten „Entteufelter Nu“ und „Das Wildherz“. In einem Wahnanfall versuchte er, seine Frau zu ermorden. All das führte 1967 zur räumlichen Trennung des Paares. Gisèle Celan-Lestrange verwaltete dennoch bis zu ihrem eigenen Tod 1991 Celans Vermächtnis.

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