Orte Paul Celans

Und über 700 Briefe zwischen den Ehepartnern (den letzten Brief schrieb Gisèle Celan zwei Wochen vor seinem Selbstmord) zeugen von einer ungewöhnlichen Liebe zwischen zwei komplexen, künstlerisch extrem begabten Menschen, die sich auch nach ihrer Trennung liebevoll um ihren Sohn Eric gekümmert haben. (Briefwechsel: Paul Celan - Gisèle Celan-Lestrange, Suhrkamp 2001. Herausgegeben und kommentiert von Bertrand Badiou in Verbindung mit Eric Celan. Anmerkungen übersetzt und für die deutsche Ausgabe eingerichtet von Barbara Wiedemann)

Celans Gedichte sind Vorlagen für über einhundert Vertonungen durch Komponisten der Neuen Musik (Wolfgang Riehm, Aribert Reimann, Thilo Medek, Jürg Baur, Michael Denhoff, Martin Herchenröder, Gerald Garcia, Carlo Domeniconi), denn seine rhythmische Sprache, oder besser: Sein

rhythmische Zufälle vermeidender Schreibstil, hat seit Erscheinen der ersten Gedichte vor allem Komponisten im deutschsprachigen Raum inspiriert. Aber auch bildende Künstler wie Anselm Kiefer, László Lakner und Markus Lüpertz wurden immer wieder durch Gedichte Celans zu eigenen Werken angeregt.

Viele Schriftsteller und Dichter verneigen sich in ihren Werken vor der dichterischen Leistung Celans. Günther Grass widmete ihm in seinem Buch „Mein Jahrhundert“ vier Kapitel, und auch der ungarische Nobelpreisträger Imre Kertész erweist in seinem Roman „Kaddisch“ für ein nicht geborenes Kind Celan mit einer Todesfuge in Prosa seine Reverenz. Im März 2001 wurde die erste „Celan-Oper“ von Peter Ruzicka in Dresden uraufgeführt, wobei man sich fragt, ob ein „Singspiel“ wie diese Oper (die noch dazu voller erfundener biographischer Details ist) der Person und dem Werk Celans gerecht werden kann und die „Shoa“ auf angemessene Weise behandelt. Celan benutze übrigens wohl eher das hebräische Wort „Churban“ (Verwüstung, menschengemachte Vernichtung) und nicht Shoa (hebräisch: plötzliche (Natur)-Katastrophe) oder Holocaust (griechisch: vollständiges Brandopfer).

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